13. Oktober 2008

Lampenfieber

Lampenfieber war mein erster Slam-Text, entstanden auf dem Heimweg nach der Februar-Ausgabe des Slams THE WORD IS NOT ENOUGH. Einerseits war mir klar, dass ich so etwas auch mal machen will, andererseits hatte ich bereits als popeliger Assistent auf der Bühne etwas wackelige Knie. Die Mission war also klar: Ich musste mein Lampenfieber irgendwie loswerden. Mein Plan: Ich verarbeite einfach alle Symptome, die auftreten könnten, in einem Gedicht. Und wenn ich dann innerhalb des Gedichtes langsam ruhiger werde, überträgt sich das vielleicht auf mich, und ich komme etwas besser klar. Poetry-Voodoo sozusagen. Und es hat auch einigermaßen geklappt. Beim zweiten Gedicht (Die Nacht der lebenden Toten) war ich jedenfalls schon etwas entspannter. Ich kann die Methode eigentlich empfehlen, allerdings solltet Ihr ein etwas besseres Gedicht schreiben als das hier. Ich meine, was hat mich da geritten, von Red Bull und irgendwelchen Koks-Dealern zu schreiben?


Lampenfieber

Angespannt von der Kopfhaut bis zur Zehenspitze
stelle ich fest, dass ich am ganzen Körper schwitze.
Die Scheinwerfer verbreiten wirklich eine Mörderhitze,
entfallen sind mir alle meine Witze.

Die fünf Minuten Redezeit erscheinen mir wie Stunden.
Die and'ren haben sich heut' abend auch nicht so gewunden...
Mein letztes bisschen Selbstbewusstsein ist schon fast verschwunden,
ich steh starr, wie an der Bühne festgebunden.

Lampenfieber.

Haben die jetzt g'rad' etwa auch noch das Licht gedimmt,
denke ich noch, während mein Blick schon leicht verschwimmt.
Gleich gehen mir dann auch noch die Reime aus, bestimmt.
Es geht schon los, darauf reimt sich nur "Klimt"... Klimt?!

Noch nie zuvor wär ich lieber im Boden drin versunken.
Ach, hätt' ich statt der Bionade bloß Red Bull getrunken.
Beim Koks-Dealer vorhin hab ich noch dankend abgewunken.
Und jetzt und hier fehlt mir dann prompt der Funken.

Lampenfieber.

Meine Knie fang'n an zu zittern, mein Puls macht langsam Krach.
Ich frage mich, wie hab'n das bloß die anderen gemacht?
Irgendwie hab ich mir das hier anders gedacht,
anders vorgestellt, so wie die Seite von Herrn Bach.

Hey, da lächelt endlich jemand über einen Gag.
Die Schneidezähne sind nicht mehr versteckt, sondern gebleckt (und... ein bisschen verdreckt, das sieht nach Spinatpizza zum Mittagessen aus).
Ich hatte schon gedacht, die Blamage wär' perfekt.
Stattdessen habe ich g'rade entdeckt:

Lampenfieber.

Weg.

Gruselig. Vollkommen klar, dass ich an dem Abend nicht weitergekommen bin. Bin mal gespannt, wie das zweite Gedicht des Abends gealtert ist. Und der Herr Bach in der vorletzten Strophe war natürlich der Moderator des Slams, bei dem ich meinen ersten Auftritt hatte. Später führte er dies als das erste Mal an, dass ihm in meinen Texten ein V-Effekt auffiel, den er für charakteristisch für meine Texte hält. Um ehrlich zu sein, hatte ich mir darum nie wirklich Gedanken gemacht, das ist wohl einfach eine Spielart meines scheinbar etwas ungewöhnlichen Humors.

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